"Mein Kind ist kein Staatseigentum"– Podiumsabend mit Wolfgang Mazal
Zum Gespräch luden der Katholische Familienverband gemeinsam mit dem Landesverband der Elternvereine, dem Familienservice der Stadt Klagenfurt, Kath. Familienwerksowie dem Kath. Bildungswerk zum Gespräch.
Eingeleitet wurde der Abend durch Statements zweier Mitarbeiterinnen institutioneller Nachmittagsbetreuungseinrichtungen, die stellvertretend verlesen wurden. Sie zeigten die aktuellen Probleme in berührender Weise auf.
„Natürlich ist ein Kind niemandes Eigentum – weder des Staates, nicht der Wirtschaft und auch nicht der Eltern. Ein Kind darf nicht zum Objekt von Wünschen Dritter werden. Dies gilt auch für den Staat“, so Prof. Mazal.
Kinderbetreuung ist zum Reizthema geworden. Eltern werde oft kommuniziert, dass verkehrt sei, wie sich organisieren: Wenn sie das Kind selbst betreuen wollen erklärt ihnen ein Teil der Gesellschaft, dass sie rückständig und armutsgefährdet sind, und wenn sie das Kind in Fremdbetreuung geben, erklärt ihnen der andere Teil der Gesellschaft, dass sie das Kind vernachlässigen.
Beides sei falsch. Vielmehr müsse den Eltern echte Wahlfreiheit zugestanden werden: „Wahlfreiheit ist unteilbar“ – und jede Wahl legitim.
Bei einer Wahl müssen zwei Möglichkeiten gleichberechtigt nebeneinander zur Verfügung stehen. Die Frage, warum die familieninterne Kinderbetreuung und institutionelle Betreuung nicht gleichgestellt seien, sei daher berechtigt. Während ein Ganztagesplatz Minimum ab 850€ bis 1500€ aufwärts koste, steht Eltern, die ihre Kinder selbst betreuen deutlich weniger Geld zur Verfügung.
Das verpflichtende Kindergartenjahr wurde - im Gegensatz zur historisch gewachsenen Unterrichtspflicht - zu einer Präsenzpflicht für die Kinder mit dem Ziel Integration und Sozialisation durch Profis zu fördern.
Eine Präsenzpflicht lässt sich jedoch nicht für die schulische Nachmittagsbetreuung rechtfertigen. "Professionalisierung" sei zudem allerdings eine sachfremde Begrifflichkeit, denn „ es geht in der Kinderbetreuung nicht um Professionalisierung (wie zB bei Kundenbeziehungen), sondern um Entfaltung der Persönlichkeit“.
Hier sieht Prof. Mazal ein weiteres Problem: „Ich halte es für dramatisch, wie heute Eltern systemisch die Fähigkeit abgesprochen wird, dass sie mit Ihren Kindern auch einen qualitativ hochwertigen Umgang haben und eine gute Hinein-Begleitung in die Gesellschaft machen können." Es mag zwar Situationen geben, wo es Kindern zu Haus nicht gut geht, doch müsse grundsätzlich die Verantwortung der Eltern eingefordert und diese gegebenenfalls gestärkt werden, damit sie ihrer Verantwortung gerecht werden können.
Fundierte statistische Angaben räumten mit Missverständnissen gründlich auf. So verwies Mazal darauf, dass im Vorzeigeland Schweden die Kinderbetreuung für Kinder unter einem Jahr ein absolutes „no go“ ist. Das vielzitierte sog. „Barcelonaziel“ werde in Österreich sehr eingeengt interpretiert. Zudem stehe es in einem für die meisten Politiker unangenehmen Kontext: die nächste Forderung lautet, das Pensionsantrittsalter um 5 Jahre anzuheben.
Auch ist die Familienförderung in Österreich bei weitem nicht so hoch, wie immer angenommen, weil u.a. z.B. Familienleistungen ausgewiesen werden, die in anderen Ländern als Sozialleistungen gelten und weil bei der Sachleistung auch Gelder aus anderen „Töpfen“ mitgerechnet werden. Insgesamt liegt Österreich bei der Familienförderung im Ranking der OECD lediglich auf Platz 16.
Mag. Henckel von Donnersmarck betonte in seiner Einführung, dass die öffentlich ausgetragene Betreuungsdebatte eine Chance sei, aufzuzeigen, dass es eine Kultur für die Familie braucht, damit Familien ohne Rechtfertigungsdruck ihren Lebensentwurf leben können. Zudem müssten verantwortungsbewusste Liebe der Eltern oder gar Mutterschaft von der Politik wieder als das wahrgenommen werden, was sie sind: wertvoll und unverzichtbar für die Gesellschaft!
Theo Hippel vom Österreichischen Familiennetzwerk wies darauf hin, dass Familie eine unumstößliche “Schöpfungsordnung” ist. Ein Kind hat immer einen Vater und eine Mutter, die die ersten natürlichen Bezugspersonen sein sollten. Die Eltern tragen auch die Verantwortung für ihre Kinder. Die Aufgabe des Staates ist es die Familie zu schützen und die nötigen Rahmenbedingungen zu schaffen, die es den Eltern ermöglicht ihre Aufgabe bestmöglich zu erfüllen. Dazu gehört auch die finanzielle Abgeltung der Erziehungsleistung in derselben Höhe, wie es auch in der außerfamiliären Kinderbetreuung selbstverständlich geschieht.
Die Kleine Zeitung hatte im Zusammenhang mit der Veranstaltung eine Meinungsumfrage gestartet.
Welche Form der Kinderbetreuung würden Sie wählen, wenn Sie das Geld, das derzeit pro Kind und Monat in einen Ganztagesplatz investiert wird (ca. wenigstens € 850), bar auf die Hand bekämen?
Das Ergebnis war eindeutig. 95 % würden ihr Kind lieber selbst betreuen, nur 5 % lieber eine externe Betreuung in Anspruch nehmen. In einer weiteren Umfrage am Abend sagten 80 %, dass sie im Fall einer direkten Auszahlung ernsthaft darüber nachdenken würden, den Wunsch nach einem bzw. einem weiteren Kind zu realisieren.
Gemeinsam mit den verlesenen Statements vom Beginn des Abends belegen die engagierten Fragen aus dem Publikum, dass die Diskussion nicht abgeschlossen ist und deutlicher Handlungsbedarf besteht.
Gudrun Kattnig
„Die Kinder werden ins Leben geschupft, anstatt dass sie die Möglichkeit haben sich langsam in der Geborgenheit eines kleinen Bezugssystems – der Familie - zu entwickeln. Was die Kinder wirklich brauchen würden, wäre, nach und nach Beziehungen aufzubauen und sich erst dann nach außen zu orientieren. In der Ganztagesbetreuung werden sie in etwas ge
drängt, dass weder ihrem Entwicklungsstand noch ihren Bedürfnissen entspricht.“
Lehrerin an einer Ganztagesschule
„Die massive Förderung der Fremderziehung von frühestem Kindesalter an vermittelt vielen Eltern die Botschaft, dass sie als Eltern nicht fähig sind, ihr eigenes Kind bestmöglich zu erziehen und es viel besser ist, „qualifizierte“ Betreuung in Anspruch zu nehmen. Meiner Meinung nach zerstört sich eine Gesellschaft selbst, wenn sie so die Familie schwächt.
Eine Gesellschaft, die gesund bleiben will, muss die Familie stärken, und der Gesetzgeber muss die Möglichkeiten schaffen um überhaupt noch Familie leben zu können – auch an Schultagen."
Pädagogin in einer schulischen Nachmittagsbetreuung