Katholischer Familienverband der Diözese St. Pölten feierte 70-Jahre-Jubiläum
Mit einer Festmesse in der St. Pöltner Franziskanerkirche und einem Festakt im Bischöflichen Sommerrefektorium feierten zahlreiche Freunde des Katholischen Familienverbandes der Diözese St. Pölten das 70-Jahr-Jubiläum der größten Familienorganisation des Landes. Zelebrant des Gottesdienstes war der St. Pöltner Altbischof Klaus Küng, der früher in der Bischofskonferenz für Familien zuständig war. Der Familienverband sei eine wesentliche Stütze in der Gesellschaft, um die Familien zu stärken.
Peter Pitzinger, Vorsitzender des Katholischen Familienverbandes, begrüßte viele Ehrenäste neben Bischof Küng: u.a. Landtagspräsident Karl Wilfing, Barbara Frühwirth (Vize-Präsidentin des Katholischen Familienverbandes des Kath. Familienverbandes Österreichs, KFÖ), den ehemaligen KFÖ-Präsidenten Clemens Steindl, den Geistlichen Assistenten des Verbandes, Prof. Josef Spindelböck oder die Vorsitzenden der Katholischen Aktion St. Pölten, Reinhard Länger und Josef Eppensteiner.
Bischof Küng sagte, er schätze den Katholischen Familienverband sehr, weil er dessen Arbeit als seinerzeitiger „Familienbischof“ gut kennengelernt habe. Er bat den Verband weiterhin gerade für kinderreiche Familien einzutreten. Der St. Pöltner Altbischof betonte die „Familie als wichtigste Schule für Kinder“.
Vorsitzender Pitzinger: Das Kostbarste ist die Familie
„Das Erste, das der Mensch im Leben vorfindet, das Letzte wonach er die Hand ausstreckt, das Kostbarste, was er im Leben besitzt, ist die Familie“ zitierte Pitzinger Adolph Kolping. Für dieses kostbarste Gut, das Wichtigste in unserem Leben, arbeite der Katholische Familienverband seit nunmehr 70 Jahren. Es gelte, diese kleinste Zelle der Gemeinschaft, den Ort, wo wir alle sozialisiert werden und wo wir eigentlich „das Leben“ lernen, zu schützen und zu fördern. Diesem Anspruch fühle sich auch der katholische Familienverband verpflichtet. „Ein wenig stolz dürfen wir auch auf die letzten Jahre zurückblicken, in denen eine Reihe von jahrelangen familienpolitischen Forderungen unseres Verbandes umgesetzt worden sind, so Pitzinger.
Pitzinger erinnert: „Wir wurden am Leopolditag 1953 gegründet, nur kurz und als erster Diözesanverband nach der Gründung des KFÖ, der im Juli 2953 gegründet wurde. Damals war Österreich noch besetzt, Niederösterreich in der sowjetischen Zone und es gab Lebensmittelkarten.“ Erst 1954 wurde ein Ausgleich der Familienlasten eingeführt und damit eine Familienbeihilfe ausbezahlt. 1955 wurde eine Geburtenbeihilfe eingeführt, die Arbeitszeit auf 45 Stunden reduziert und es gab bald das neue Mutterschutzgesetz mit einem Karenzanspruch von vorerst einem Jahr. Die Zeiten der Verbesserungen für Familien fanden Anfang der 1990er Jahre ein erstes Ende bei einem Sparpaket. Leistungen wurden abgeschafft und der Familienverband protestierte, nicht immer mit Erfolg. Besonders die Milliarden im Familienlastenausgleichs-Fonds hätten es den Politikern angetan. Peter Pitzinger: „In dieser Zeit gab es bei uns in NÖ zahlreiche Förderungen, wie die NÖ Familienhilfe als Vorläuferin für das Kinderbetreuungsgeld, die aber ebenfalls keine beständige Dauer hatten. Derzeit ist hauptsächlich die außerhäusliche Kinderbetreuung das Objekt der Förderungen.“
Meilensteine der letzten Jahre
Als Meilensteine der letzten Zeit sehe der Verbands-Vorsitzende die Einführung eines Kinderbetreuungsgeldes für alle Mütter, den Familienbonus, der Familien tatsächlich steuerlich entlastet, und die Wertsicherung der Familienbeihilfe. Die große Herausforderung der Zukunft „ist und bleibt die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in einer wirtschaftlich sehr herausfordernden Zeit“.
Das Credo bleibe die Wahlfreiheit für Familien. Es müsse einer Familie im Sinne des Subsidiaritätsprinzips überlassen bleiben, wie sie ihr Familien- und Arbeitsleben organisiert. Dafür hätten der Staat und das Land die Rahmenbedingungen zu schaffen. Nach den angekündigten Verbesserungen für die Tagesmütter (noch nicht ganz kostenlos wie die institutionellen Einrichtungen für Kleinkinder, aber immerhin eine Verbesserung) müssten dringend die weiteren flexiblen und familiennahen Hilfen für Eltern gefördert werden, etwa die Leihomas. Der Familienverband betreut derzeit 380 Leihomas und ein einige Leihopas – und es könnten viel mehr sein, denn die Nachfrage der Eltern sei sehr groß.
Zur Wahlfreiheit gehöre aber auch die Entscheidung der Eltern, wer die Kinder betreut und wie lange die Familienzeit dauert. Die Kürzung der Karenzzeit von 24 auf 22 Monate ist weitgehend ohne Diskussion oder Aufschrei von den Regierungsparteien durchgeführt worden. Sie gilt seit dem Geburtsdatum 1. November 2023.
Der Familienverband sei eine Interessenvertretung der Familien, „und ich würde fast sagen, die einzige Vertretung der Familien. Parteien, Wirtschaftskammer, Arbeiterkammer – alle hätten bestimmte Vorstellungen und Ziele, und „in diesen Zielen bilden die Bedürfnisse der Familien und der Kinder nicht das Zentrum“. Weiters sagte er: „Wir sehen das etwa in der Vereinbarkeitsdiskussion, wo der schnelle Wiedereinstieg der Mütter, die vermehrte Familienarbeit durch Väter, die Sicherung von Fachkräften usw. im Fokus stehen.“
Es sei sehr schade, dass die gesetzlich eingerichtete Interessenvertretung der NÖ Familien 2018 aufgelöst wurde, „unser langjähriger Vorsitzender Dr. Josef Grubner, war dort auch Präsident. Seitdem ist eine Mitsprache der Familien z.B. bei Gesetzesvorhaben nicht mehr gewährleistet“.
Landtagspräsident Wilfing: „Es braucht Lobby-Organisation wie Euch!“
Der niederösterreichische Landtagspräsident Karl Wilfing sagte, es sei Aufgabe der Politik, Rahmenbedingungen zu schaffen, damit Familien gut leben können. Er erinnert daran, dass zuletzt die Wertanpassung der Familiengelder gelungen ist. Wilfing betonte: „Es braucht eine Lobby-Organisation für die Familien wie Euch!“ Der Katholische Familienverband sei wichtig für den Einsatz für Familien und erinnerte an Kernaufgaben der Familien: Kindererziehung und Pflege von Angehörigen. Gleichzeitig sei der Familienverband auch wichtig für Wertevermittlung.
Festvortrag von Perner: Verantwortungsethik statt Konsensethik
Eine klare Absage der sogenannten „Konsensethik“ – alles ist erlaubt, worauf sich zwei Partner/innen einigen – erteilte die Juristin, Psychoanalytikerin und evangelische Pfarrerin im Ehrenamt, Dr. Rotraud A. Perner, Autorin des Buches „Sexuelle Reformation – Freiheit und Verantwortung“, LIT Verlag 2017, in ihrem Festvortrag: Im Sinne von Salutogenese – Aufbau und Förderung von vor allem seelischer und mentaler Gesundheit – gelte es in Zeiten zunehmender Individualisierung, nicht nur an den eigenen Vorteil zu denken, sondern immer auch daran, Spaltungen zwischen den Geschlechtern und Generationen zu hintanzuhalten. Das erfordere eine wertschätzende Sprache und Einstellung – auch wenn man sich inhaltlich distanziert.
Im Einzelnen verwies Perner auf die Macht der geistigen Bilder, die durch sprachliche wie auch bildhafte Propaganda in das unbewusste Verhaltensrepertoire eingespeichert würden – vor allem durch die von ihr so bezeichnete „4. Sexuelle Revolution“ – die kommerzielle – die mit immer extremeren Vor-Bildern und Produkten eine durch Zeit- und Leistungsdruck erschöpfte Gesellschaft zur Abhilfe gegen Burn-out in „flammende“ wie auch schnell erlöschende „Erregung“ versetzen will. Die allgegenwärtigen Manipulationen zu enttarnen, sieht Perner als vordringliche Aufgabe jeder Bildungsarbeit – in den Schulen wie in der staatlichen Medienförderung: das ist Verantwortungsethik und damit letztlich Humanität im Sinne von 1 Thess 5.21: Prüfet alles, und das Gute behaltet!