Wohnen ist ein zentrales Grundbedürfnis!
„Ich erlebe, dass für Familien das Thema ausreichender und geeigneter Wohnraum immer zentraler wird". Paul Fruhmann, Vizepräsident des Katholischen Familienverbandes und Vorsitzender des Wohnarbeitskreises.
Große Unterschiede innerhalb der Bundesländer finden sich nicht nur in der Frage ob Miet- oder Eigentumswohnung, sondern auch in punkto Wohnungsgrößen. In Österreich liegt laut Statistik Austria die durchschnittliche Wohnfläche bei 100 m2. Weit über dem Durchschnitt liegt das Burgenland mit 124 m2 Wohnfläche, Schlusslicht ist Wien mit 73,7 m2. Für Paare mit Kindern zeigt sich, dass sie mit im Durchschnitt mit 125 Quadratmetern zwar den größten Wohnraum zur Verfügung haben, nicht aber pro Person, so eine im Jahr 2017 veröffentlichte Studie des Österreichischen Instituts für Familienforschung der Universität Wien. Denn während bei Paaren ohne Kinder im Schnitt rund 51 Quadratmeter Wohnfläche pro Person zur Verfügung stehen, ist das bei jenen mit Kindern anders: Die relative Wohnfläche sinkt auf 34 m2 pro Person.
Zu wenig Wohnraum könne gerade in Krisensituationen das Konfliktpotential fördern, warnt Psychotherapeutin Petra Ganneshofer vom Institut für Ehe und Familien der Bischofskonferenz: „Wo Spannungen als Paar und Familie schon vorher unter den Teppich gekehrt oder aggressiv ausgelebt wurden, haben die Probleme insgesamt zugenommen“, berichtet sie von ihren Beratungen als Sozialarbeiterin. Das Problem ist, dass sich Eltern wie Kinder oft nicht in bestimmte Wohnbereiche zurückziehen können. Hinzu kommt, dass die Dienstnehmer von den Arbeitgebern verlangen, dass sie im Home Office weiterhin genauso arbeiten wie im Büro. „Um Beziehungen gut leben zu können, brauchen wir aber Nähe und Abstand“, sagt Ganneshofer.
Neben der Größe, spielt auch die Bezahlbarkeit der Wohnung eine große Rolle. „Die Mieten belasten das Familienbudget zusätzlich – vor allem jenes bei Mehrkindfamilien“, sagt Petra Ganneshofer. Bei Arbeitsverlust, verschärfe sich die Situation zusätzlich, weil ein Einkommen plötzlich fehlt. Solche Fälle mehren sich zurzeit. „Etliche Mehrkindfamilien, die wir beraten, leben an der Armutsgrenze.“ Die durchschnittliche Höhe der Wohnungsmieten inklusive Betriebskosten betrug laut Statistik Austria im Jahr 2019 acht Euro monatlich pro Quadratmeter. Da es sich dabei um statistische Werte handelt, sieht die Realität – vor allem in den Ballungsräumen – oft anders aus: Am teuersten sind die Wohnungen in Salzburg, Vorarlberg und Tirol aber auch die Mieten von Wohnungen in Wien werden laufend erhöht.
Insgesamt sind die Mieten von 2013 bis 1017 um rund 15 Prozent gestiegen, eine Entspannung ist derzeit nicht in Sicht. „Für eine Familie ist die Miete eine enorme Belastung“, erklärt Sozialarbeiterin Ganneshofer. Laut der Studie Wohnkosten in Österreich von Wilfried Altzinger und Emanuel List vom März dieses Jahres betragen die durchschnittlichen Wohnkosten per Haushalt und Monat rund 511 Euro und machen damit rund 14 Prozent des verfügbaren Einkommens aus. Bei Mietwohnungen ist der Anteil mit 646 Euro/Monat und knapp 23 Prozent des verfügbaren Einkommens aber deutlich höher.
„Ich erlebe, dass für Familien das Thema ausreichender und geeigneter Wohnraum immer zentraler wird“, weiß Vizepräsident Paul Fruhmann, der in Wien als planender Baumeister tätig ist und von seiner Vorgängerin Doris Wirth die Wohnagenden übernommen hat. „Es wurden bereits viele Problemfelder identifiziert, analysiert und zahlreiche Informationen gesammelt, die in Kürze auf unserer Homepage www.familie.at gestellt werden“, kündigt Fruhmann eine Initiative des Familienverbandes zum Thema „Wohnen“ an, die u.a. politische Forderungen zum Thema „Leistbares Wohnen für Familien“ erarbeiten wird.
Christoph Erben, Julia Standfest