November 2020: Mit Kindern über Terror sprechen
Es ist kurz vor sieben als mein achtjähriger Sohn an diesem dritten November nach den Herbstferien die Augen aufschlägt und sagt: „Heute ist wieder Schule“.
Freilich, er ist gestern um kurz vor acht ins Bett und weiß noch nichts von den Geschehnissen der letzten Nacht in seiner Heimatstadt Wien. Doch wie spricht man mit Kindern am besten über Terror und Tod, vor allem, wenn er so nahe in der eigenen Stadt passiert? An Orten, die man vor ein paar Stunden vielleicht noch selbst besucht hat und gut kennt.
Nachrichten filtern
Die Bilder in den Nachrichten sind nicht die beste Idee, von diesen sollten Kinder derzeit ferngehalten werden. Auch bei älteren Kindern sollten Sie die Nachrichten die Ihnen zugemutet werden unbedingt vorab filtern.
Expert/innen raten Eltern bei aller Vorsicht dennoch zur Ehrlichkeit: Verheimlichen hat bei Terroranschlägen dieser Dimension keinen Sinn. Kinder spitzen die Ohren und bekommen schon mit, wenn in der Welt der Erwachsenen etwas Außergewöhnliches passiert: In der U-Bahn, in den Pausengesprächen in der Schule oder wenn sie ein paar Gesprächsfetzen eines Telefonats aufschnappen.
Und Kindern kann die Wahrheit zugemutet werden. Sprechen Sie kindgerecht darüber was passiert ist, erklären Sie, dass Polizei und Rettung die Situation wieder unter Kontrolle haben aber zuerst auch nicht wussten, was los ist. Beantworten Sie Fragen und stillen Sie die Neugier aber achten Sie darauf, dass Kind nicht zu überfordern. Seien Sie ruhig ehrlich und zeigen auch Ihre Bestürzung aber machen Sie Ihrem Kind klar, dass Österreich im Normalfall ein sehr sicherer Ort ist und darum der Schock auch so tief sitzt, weil es eben nicht alltäglich ist, was gestern passiert ist.
Verarbeitungsprozess unterstützen
Versuchen Sie Ihrem Kind Sicherheit zu vermitteln und geben Sie Ihrem Kind die Chance, dass Gehörte zu verarbeiten. Möglicherweise kommen keine weiteren Fragen, dann ist es nicht notwendig, das Thema von sich aus immer wieder anzusprechen. Viele Kinder beschäftigen derartige Vorfälle allerdings stark, lassen Sie Ihr Kind das Gehörte auf seine eigene Art verarbeiten und gehen Sie darauf ein: Vielleicht im Spiel mit der Playmobil-Polizei oder auch beim gemeinsamen Gebet. Zeigen Sie, dass Sie die Ängste Ihres Kindes ernst nehmen.
Professionelle Unterstützung annehmen
Wenn Sie das Gefühl haben, Ihr Kind ist durch die Situation länger belastet, zögern Sie nicht und suchen Sie sich professionelle Unterstützung.
Sollten Sie aktuell große Sorgen und Ängste haben gibt es die Möglichkeit die Telefonseelsorge unter 142 zu kontaktieren, für Kinder gibt es die Notrufhilfe „Rat auf Draht“ unter der Telefonnummer 147.
Das Büro des Familienverbandes ist aus gegebenen Anlass heute geschlossen, wir sind aber telefonisch über das Pressehandy erreichbar.
Julia Standfest