Eltern müssen von Gesellschaft und Politik mehr unterstützt werden!
Er führt weiter aus: „Der KFÖ fordert daher vehement die Valorisierung der Familienleistungen, eine Familien-Verträglichkeits-Prüfung auch auf wirtschaftlicher Ebene, flankierende Maßnahmen zur Fristenregelung und den Ausbau der individuellen Betreuungsmöglichkeiten von Kindern. Die Wahlfreiheit der Eltern als ein zentrales Elternrecht muss dabei im Vordergrund stehen“. Die Dringlichkeit dieser Forderungen sieht der Katholische Familienverband angesichts der kolportierten Budgetkürzungen. „Für Familien ist es ein erschreckendes Signal, dass das Familienressort die zweithöchste Kürzung erfahren soll. Wo bleibt da die Wertschätzung für die familialen Leistungen für die Gesellschaft“, fragt Steindl. Die Politik sei gefordert, innovative Lösungen zur Sicherstellung der Finanzierung von Familienleistungen sowie ihrer automatischen Valorisierung zu finden.
Auf der Enquete des Katholischen Familienverbandes stellte die renommierte Familienkoordinatorin der Konrad-Adenauer-Stiftung in Deutschland, Christine Henry-Huthmacher, Studienergebnisse der Sinus-Studie ‚Eltern unter Druck’ vor. „Elternschaft ist heute eine Option unter anderen Lebensformen. Sie entwickelt sich zu einer zunehmend schwieriger zu bewältigenden Gestaltungsaufgabe mit hohen Erwartungen“, stellte Henry-Huthmacher fest. „Zu wissen, wie es Eltern im Alltag geht, ist eine Kernfrage der Familienpolitik.“ Laut Henry-Huthmacher stehen Eltern unter massivem Druck und es herrsche große Verunsicherung, wie Eltern ihre vielfältigen Aufgaben in den Bereichen Erziehung, Schule und Beruf gut bewältigen sollen. „Ein Drittel der Eltern fühlt sich im Erziehungsalltag oft bis fast täglich gestresst, die Hälfte immerhin gelegentlich.“ Hinzu komme ein finanzieller Druck, der sich nicht nur auf die bildungsfernen Schickten beschränke, sondern auch auf die breite Mittelschicht, die sich in einer „latenten Angst vor sozialem Abstieg“ zeige.
„Eltern wünschen sich ein kinderfreundlicheres Klima, sie brauchen Entlastung und Sicherheit, auch wenn sie ihr Lebensmodell mit Kindern nicht in Frage stellen“, sagte die Familienexpertin. „Früher wollte man normale Kinder, heute müssen es glückliche Kinder sein“, so Henry-Huthmacher.
Die Sinus-Studie deckt sich in vielen Punkten mit der vom KFÖ bei der Karmasin Motivforschung in Auftrag gegebenen und von Dr. Sophie Karmasin vorgestellten Studie ‚So fühlen sich Eltern in Österreich’. Eltern fühlen sich demnach in der Gesellschaft zu wenig wertgeschätzt und von der Politik zu wenig unterstützt, besonders im Bereich der Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Bedürfnisse von Eltern heute
Die Bedürfnisse von Eltern wurden von Experten für die Bereiche Erziehung, Schule und Vereinbarkeit von Familie und Beruf unter der Leitung von Dr. Regine Bogensberger von der Wochenzeitung „Die Furche“ diskutiert. Für die Psychotherapeutin und Erziehungsexpertin Dr. Martina Leibovici-Mühlberger steht fest: „Wir müssen unseren Kindern das ethisch-moralische Rüstzeug für eine hoch technologisierte und globalisierte Welt mitgeben. Unsere Kinder müssen zu ‚global playern’ erzogen werden. Darauf sind die wenigsten Eltern vorbereitet, schon angesichts der raschen technologischen Entwicklung.“ Die Familie sei der Ort, an dem Grundverbundenheit und so etwas wie Werte gelernt werden. Das sei heute abhanden gekommen, so die Erziehungsexpertin weiter. Eine qualitativ hochwertige Kinderbetreuung und die Einführung von Scheidungsworkshops könnten ein guter Lösungsansatz sein, um auf die veränderten gesellschaftlichen Gegebenheiten zu reagieren. „Es ist untragbar, dass sich heute schon 30% der Frauen und 42% der Akademikerinnen in Österreich gegen Kinder entschieden haben“, Leibovici-Mühlberger.
Der Schulpsychologe Dr. Josef Zollneritsch stellte fest, dass das „Zusammenleben von Eltern und Schule heute nicht funktioniert. Der Verhandlungsraum Schule versus Eltern findet nicht statt.“ Die historisch gewachsene Österreichische Schulstruktur wäre seiner Meinung nach nicht mehr zeitgemäß. Dies führe zu einer Überbelastung der Eltern, die jahrelang von der Schule in eine Geiselhaft genommen würden, aus der sie nicht entrinnen können. „Die Schule soll ein Ort sein, an dem Lernen als Verantwortung wahrgenommen werden kann. Hier ist Österreich noch auf einem Irrweg im Bildungssystem“, so Zollneritsch.
Die Psychologin Dr. Elfriede Wegricht machte deutlich, dass die Vereinbarkeit von Familie und Beruf heute aufgrund der Wirtschaftskrise noch schwerer geworden sei. Die emotionale Erschöpfung, der Eltern heute ausgesetzt sind, führe zunehmend zu Burn-outs. „Eltern fehlen oft soziale Netzwerke und Zeiten für Entspannung sind rar“, so Wegricht. Die Religionsprofessorin Mag. Doris Huber brachte ihre Erfahrungen als Mutter dreier Kinder ein. Sie wünsche sich als Mutter mehr Sicherheit von politischer Seite. Wie schon der KFÖ gefordert hat, möchte Huber, dass Eltern von Gesellschaft und Politik ernst genommen werden und keine Sonntagreden gehalten werden sollen.