KFÖ fordert Aufnahme weiterer Faktoren in die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung
Die KFÖ-Vizepräsidentin verdeutlicht ihre Kritik an der Berechnung des BIP damit, dass Umweltschäden oder Verkehrsunfälle das Bruttoinlandsprodukt steigen lassen, „was wohl nicht nachhaltig ist“.
Es sollten sowohl weitere materielle als auch immaterielle Werte inkludiert werden, fordert der KFÖ. In Frankreich und Deutschland gibt es bereits von der Politik eingerichtete Kommissionen, welche sich mit der möglichen Berechnung eines alternativen BIPs beschäftigen. Eine derartige Kommission wäre auch in Österreich wünschenswert, so Kernthaler-Moser.
Umfassenden Leistungen der Familien klarer darstellen
KFÖ-Vizepräsident HR Dkfm. Werner Höffinger darauf hin, dass man bereits vor einigen Jahren errechnet habe, dass das BIP um 50 Prozent höher wäre, würde man die Leistungen mitrechnen, die außerhalb des Arbeitsmarktes erbracht werden – also auch jene umfassenden Tätigkeiten im familiären Umfeld. Werden Tagesmütter angestellt oder Putzdienste im Haushalt bezahlt, dann fließt das selbstverständlich in die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung ein - die Leistungen, die innerfamiliär erbracht werden dagegen nicht. Alleine für das Kochen und Putzen müssten Mütter (oder Väter) ein durchschnittliches Gehalt von 42.000 Euro pro Jahr erhalten. Das geht aus einer aktuellen Studie des britischen Mobilnetzbetreibers "3" hervor. Kinder zu haben, sei beglückend und erhöhe die Lebensqualität. Es sei daher Ziel des KFÖ den Reichtum der Familien herausstreichen, den eine gelingende Familie schafft. Aber es sei auch aufwändig, intensiv und mit Mühen und Selbstverzicht verbunden. Daher bleibe die Frage, warum die Gesellschaft für jede Produktionshandlung zahle, aber die wesentliche Arbeit der Kindererziehung als die Grundlage unserer Gesellschaft nicht ausreichend wertschätzen und abgelten würde. Höffinger: „Die umfassenden Leistungen der Familien für die Gesellschaft sind offensichtlich zu wenig klar ersichtlich, sonst wäre die Diskussion um die Familiengelder eine ganz andere.“
Aussagekräftiger für die Gesellschaft wäre es auch, wenn Indikatoren wie Familienfreundlichkeit einer Gesellschaft, Generationengerechtigkeit, Solidarität, nachhaltiges Wirtschaften, Bildungsniveau oder allgemeine Zufriedenheit ebenfalls Eingang finden. Familienexperte Höffinger ist sich bewusst, dass diese Berechnungen kompliziert sind, aber: „Die Leistungen, die Lebensqualität und der Wohlstand einer Gesellschaft lassen sich nicht nur am BIP ablesen! Weitere Indikatoren würden die gesellschaftliche Leistung jedenfalls genauer darstellen. Aus diesem alternativen Index, der die gesellschaftliche Realität besser abbilden würde, könnten vielfach vernünftigere politische Entscheidungen zum Wohle der ganzen Gesellschaft abgeleitet werden.“
Aiginger-Vorschlag
WIFO-Chef Karl Aiginger schlägt vor, Wohlfahrt nicht nur am Einkommen, sondern auch an den Lebensbedingungen festzumachen. Schäden wie etwa Naturkatastrophen würden auch das BIP vergrößern. Da Wohlstand ein "komplexer Begriff" sei, könnten auch Indikatoren zu Gesundheit und Sicherheit berücksichtigt werden. Genauer betrachtet werden sollten neben dem BIP auch weitere Indikatoren der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung, da sie eine genauere und aussagekräftigere Sicht auf den Erfolg der Wirtschaftspolitik ermöglichen.
Im Königreich Bhutan etwa wird seit längerem das "Bruttoglücksprodukt" ermittelt. Dieses misst neben der wirtschaftlichen Entwicklung auch Faktoren wie die Lebenszufriedenheit, den Schutz kultureller Werte und der Umwelt.