Katholischer Familienverband zum Regierungsprogramm aus bildungspolitischer Sicht: Vorteile überwiegen.
Gleich zwei geplante Maßnahmen im vorgestellten Regierungsprogramm begrüßt Astrid Ebenberger, Vizepräsidentin des Katholischen Familienverbandes und Bildungsexpertin ausdrücklich: „Zum einen freuen wir uns sehr, dass 100 ausgewählte Schulen in einem Pilotprogramm zusätzliche Ressourcen erhalten werden und die Sinnhaftigkeit der damit getroffenen Maßnahmen evaluiert wird“, ist Ebenberger von der Wirkung dieser Maßnahme überzeugt.
Besonders begrüßt die Vizepräsidentin auch die geplante Einführung des Ethikunterrichts für jene, die keinen konfessionellen Religionsunterricht besuchen: „Dabei geht es nicht um ein gegenseitiges Ausspielen der beiden Unterrichtsgegenstände gegeneinander, sondern dass künftig auch Schüler/innen, die keinen Religionsunterricht besuchen, sich mit existenziellen Fragen des Lebens auseinandersetzen können“, so Ebenberger. Sie lehrt an der Kirchlich-Pädagogischen Hochschule in Wien/Krems und hat daher einen guten Überblick über die aktuelle Ausbildung der Religionslehrer/innen: „Religionsunterricht ist Ethikunterricht und deckt ein breites Feld ab, auch andere Religionen werden thematisiert und kennengelernt“, so die Expertin.
Sie freut sich zudem auf eine erneute Zusammenarbeit mit Bildungsminister Heinz Faßmann: „Wir freuen uns sehr, dass er wieder als Bildungsminister gewonnen werden konnte und damit ein Signal in Richtung Kontinuität gesetzt wird“, hofft Ebenberger weiterhin auf den guten Austausch zwischen Bildungsminister und Schulpartnern.
Mit dem vorliegenden Programm wird für Ebenberger allerdings nicht nur ein Signal in Richtung Kontinuität gesetzt: „Das vorliegende Bildungskapitel zeigt, dass die Koalitionspartner den Stellenwert der Bildung erkannt haben und diese in allen Bereichen aufwerten wollen“, so Ebenberger. Ein Beispiel dafür ist die geplante mittlere Reife und die Aufwertung der 9. Schulstufe: „Eine wirkliche Aufwertung wäre toll, beim aktuellen Fachkräftemangel ist es wichtig, auch die Attraktivität einer Lehrausbildung zu steigern“, ist Ebenberger überzeugt.
Auch die geplante Bereitstellung von Schulsupport-Personal und dessen langjährige, finanzielle Absicherung ist für Ebenberger ein Plus und sollte prioritär behandelt werden: „Bitte schnell umsetzen, diese Unterstützung wird an Schulen dringend gebraucht!“ so ihr Appell an die zuständigen Politiker.
Positiv ist für den Familienverband auch der Fokus, den die künftige Bundesregierung auf die Elementarpädagogik legt: „Hier mehr zu investieren ist gut und wichtig, allerdings soll es dabei nicht nur um den quantitativen Ausbau gehen, sondern vor allem um die Qualität“, ist die Überzeugung von Ebenberger, die im aktuellen Regierungsprogramm deutliche Schritte in diese Richtung erkennen kann: „Allein die Errichtung eines Beirates für Elementarpädagogik, der einheitliche Qualitätsmindeststandards für Elementarpädagogik erarbeiten soll, wäre eine große Chance“, ist Ebenberger überzeugt und verweist auf das langjährige Engagement des Familienverbandes in diesem Bereich.
Während der Familienverband das Kopftuchverbot in Volksschulen als „reine Symbolpolitik“ kritisierte, da kaum Mädchen betroffen waren, sieht die Expertin ein Kopftuchverbot für die Unterstufe anders „Das ist definitiv ein Bereich, wo das Thema Relevanz hat.“, weiß die ehemalige Mittelschuldirektorin aus eigener Erfahrung und gibt zu bedenken: „Sich für ein Kopftuch zu entscheiden, hat sehr große Auswirkungen auf Frauen. Ein Ablegen gestaltet sich in vielen Fällen schwierig. Vielleicht wäre es gut, wenn mit dieser Entscheidung bis zur Religionsmündigkeit mit 14 gewartet wird?“, so Ebenberger.
Zu wenig konkret ist für Ebenberger der Bereich Inklusion abgehandelt: „Hier gibt es zwar ein Bekenntnis, alle Kinder mitzunehmen, die Maßnahmen dazu sind aber recht wenig konkret und es sind scheinbar keine zusätzlichen Mittel für diesen Bereich vorgesehen“, sagt Ebenberger. Als Bildungsexpertin weiß sie, dass der Schulbesuch für Kinder mit besonderen Bedürfnissen oft eine große organisatorische Herausforderung für die betroffenen Familien sein kann: „Hier gilt es ein besonderes Augenmerk zu legen, damit jedes Kind nicht nur überhaupt, sondern so lange wie es braucht die richtige Schule besuchen kann“, wünscht sie sich mehr Maßnahmen und Unterstützung für Schüler/innen mit Behinderung.