Katholischer Familienverband zur Kinderbetreuung: Pro und Contra Barcelona-Ziel
AMS-Vorstand Johannes Kopf begrüßt in der aktuellen Ausgabe der Mitgliederzeitung des Katholischen Familienverbandes „ehe und familien“ die Erhöhung dieses Zieles: „Wir wissen, dass in Österreich 11.000 Frauen mit Betreuungspflichten für Kinder bis zwei Jahre mehr arbeiten wollen würden, wenn sie die Möglichkeit dazu hätten. Bei Frauen mit Betreuungspflichten für Kinder zwischen drei und fünf sind es sogar 15.000.“ Daher plädiert Kopf nicht zuletzt wegen des Arbeitskräftemangels für ganztätige, ganzjährige, flächendeckende, qualitätsvolle und leistbare Kinderbetreuungsangebote.
Wenig begeistert über den EU-Vorschlag ist Naomi Matthews, die pädagogische Leiterin eines Kindergartens in Klagenfurt: „Aktuell muss zuerst die massiv angespannte Lage in Kinderbildungs- und Betreuungseinrichtungen deeskaliert werden; erst dann kann schrittweise am Erreichen der Barcelona-Ziele und somit am Ausbau der Kinderbildungs- und Betreuungseinrichtungen gearbeitet werden“, sieht sie vor allem in der praktischen Umsetzung Schwierigkeiten. Sie warnt: „Pädagogisches Fachpersonal steht kurz vor dem Kollaps. Solange dieser wichtige Sektor so minderwertig abgespeist wird, ist für mich das Erreichen der Barcelona-Ziele eine Illusion.“
Der Europäische Rat hat vor zwanzig Jahren mit dem Barcelona-Ziel beschlossen, dass 33 Prozent der Kinder unter drei Jahren und 90 Prozent der Kinder über drei Jahren eine Kinderbetreuungseinrichtung besuchen sollen. Und dieses Ziel soll bis 2030 deutlich erhöht werden.
Kritik an der Berechnungsgrundlage für das Barcelona-Ziel übt Wolfgang Mazal, Leiter des Österreichischen Instituts für Familienforschung im Rahmen der Veranstaltung „20 Jahre Kinderbetreuungsgeld“, die Ende Oktober in Wien stattfand. „Im Barcelona-Beschluss steht, dass entsprechend der jeweiligen regionalen Versorgungmustern die Betreuung zu erbringen ist. In anderen Ländern sind Großeltern und Tageseltern in der Erreichungsquote für das Barcelona-Ziel enthalten, in Österreich nicht“, kritisiert er. (Vortrag zum Nachhören: www.familie.at/20JahreKBG ).
Darum fordert der Katholische Familienverband, dass auch die Betreuung durch Großeltern, Leihgroßeltern oder familienergänzende Betreuungsformen wie Tageseltern in die österreichische Quote für das Erreichen des Barcelona-Zieles eingerechnet werden: „Die Barcelona-Ziele der EU sind eine arbeitsmarktpolitische Maßnahme, diese werden in Österreich als familienpolitische Ziele völlig missverstanden“, sagt Alfred Trendl, Präsident des Katholischen Familienverbandes.
Interessierte können auf der Homepage des Familienverbandes dazu abstimmen: www.familie.at/proundcontra